A Thousand Endless Tales – Dancing the Line of Flight
(Story Telling)

Kuratorisches Statement

Die Ausstellung wirft einen Blick auf die verschiedenen Formen der Reflektion über ästhetische Möglichkeiten und politische Auswirkungen der Geschichten von Einzelnen und der Gesellschaft im weiteren Sinn. Die Künstlerinnen und Künstlern wurden eingeladen, ein breites Spektrum an Vorgehensweisen und Sprachen zu entwickeln. In einer Polyphonie von Geräuschen, die in ihrem unterschiedlichen kulturellen und xxx x xxxxxxxx xxxx politischen Hintergrund angelegt ist und verankert in ihrer täglichen, auf den sozialen Raum ausgelegte Kunstpraxis, rebellierend gegen reine Formen und normative Kanäle in Ausbrüchen emotionalen Ausdrucks. A Thousand Endless Tales – Dancing the Line of Flight (Story Telling) verschmilzt Formen des lebendigen Wissens und eröffnet eine Spannweite von möglichen Wirklichkeiten in einem unendlichen Raum, wo „Geschichten zur Form werden“. Es geht uns um Geschichten, die aus dem Korpus der totalen Bibliothek herausfallen; um die rauschenden Kanäle und die so genannten „nicht-wissenschaftlichen“ Sprachen, widerspenstige, apokryphe Versionen, Alogismen und Dialekte. Das Projekt geht den Steinen nach, die vom Turm fallen und in tausend Stücke zerbersten, den Bugs und Fehlern, welche die polierte Oberfläche aufkratzen, den Geschichten, deren Spitze gebrochen ist, den Plateaus, die einen xxx xx xxxx xxxx Raum zum Horizont hin öffnen über die grossen Narrative hinaus, den winzigen Details, den Spuren, die den Stempel des Aberglaubens tragen, unanständigen Wörtern, Nonsens, dem Wahnsinn, dem Unruhestiften, der Randale.

Die „orale Tradition“ ist ein Instrument der alternativen Wissensproduktion, basierend auf freier Verteilung, auf kollektiver Produktion, Kommunikationsguerilla, taktischen Medieninterventionen, welche die Botschaft über den Kunstraum hinaus zu vermitteln vermögen. Komplizenschaft prägt die Beziehung zwischen Geschichtenerzähler und Zuhörer, getränkt in Unsicherheit und xx xx xx xxx xxx xxxx Unberechenbarkeit. Wir können Roland Barthes paraphrasieren und von der „Lust am Erzählen“ und der „Lust am Zuhören“ sprechen. Die Rollenverteilung, dominant und fügsam, ist nicht so klar, wie es scheinen mag. Der Sprecher kann nicht als aktiv bezeichnet werden, der Zuhörer nicht als passiv. Verführung beruht auf Gegenseitigkeit. Eine Abhängigkeit, die Elizabeth Wright in einer Besprechung von Lacan treffend umschrieb: „Es gibt eine Struktur von Erzählern, die die Geschichte weitergeben, ein Spiegelkabinett von Blicken in welchen sie und die Leser umhüllt werden. Die Tatsache, dass ich in diese Struktur hineingezogen werde, beweist, dass der Text mich begehrt und ich ihn begehre.“

Architektur

Wir gehen aus vom Gedanken, dass jede Architektur eine Eroberung und Aneignung ist, die gewisse Regeln definiert, eine Schnittstelle auferlegt in der Kommunikation eines Netzwerks von Künstlerinnen und Künstlern, die eng zusammen arbeiten. Die Frage, die wir aufwerfen, ist, wie eine solche Struktur zu erarbeiten wäre, die eine “potentiell subversive” Kraft entwickelt, die über die Zeit-Raum-Einschränkungen und das Einsetzen strikter Regeln hinauszeigt, neue Modelle der Förderung und Ausstellung von Kunst aufzeigt, ein räumliches und konzeptionelles Bezugssystem, das Raum schafft für die Vielfalt künstlerischen Ausdrucks und der Kunstpraktiken. Geschichtenerzählen als gemeinsame Schnittstelle der Ausstellung, ein Prozess des Austauschs und der gegenseitigen Beeinflussung, der die gemeinschaftliche Wesensart der Arbeit zwischen den Künstlerinnen und Künstlern und mit der Stellung der Kuratorin als Mitarbeitende. Wir erbauen eine Ready-Made-Struktur, gekennzeichnet von einer funktionalen und dysfunktionalen Logik, und nehmen darin Elemente von Privatbesitz auf und funktionieren damit einen öffentlichen Ort dazu um, in einem selbst-reflexiven Prozess der Spannung zwischen öffentlich und privat zu begegnen. Wir bieten eine für Massenverwendung bekannte und zugängliche Möblierung an, wie Küchenschränke, banale, intime Beziehungsmomente, persönlich, anlehnend an die Erfahrung des Publikums in seiner alltäglichen Umgebung, ein Mix von hoch und nieder, öffentlich und privat. Wir fabrizieren Stereotype, chaotisch die Funktionsweisen der Hierarchien und Anordnungen nachahmend, welche die Strukturierung und Unterscheidungen des Alltags stützen, mit umgekehrtem Vorzeichen. Und ziehen „die Stellung und Rolle der Kunst in der Konsumgesellschaft in Frage“, verschieben die kulturellen Werte der globalen Medien, „eine psychologische Privatisierung“, eine ethische Privatisierung, die die persönliche Beziehung zu einem Kunstwerk und zur Geschichte, die es erzählt, als intime Form des Widerstands wahrnimmt. Die „persönlichsten Dinge“ folgen dem Erzählfluss und seinen politischen Konsequenzen, holen sie bekennend „out of the closet“, aus dem Kasten hervor und machen daraus ein öffentliches Bekenntnis über intime Fragen, ein Gespräch unter vier Augen. Wir gehen der Frage nach der Teilnahme des Publikums nach, inwieweit kann es einbezogen werden, „Ästhetik ist eine Frage der Teilnahme“, zum Beispiel startet eine Projektion, wenn die Besucherin die Tür eines Schrankes öffnet.